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Der Antisemitismus Martin Luthers

"Ertragen können wir sie nicht - Luther und der Antisemitismus"

Am 20. Oktober 2017 hielt Pfarrer Dr. Michael Volkmann einen Vortrag zum Thema "Der Antisemitismus Martin Luthers", den Sie hier anhören können.

Leserbriefe und Kommentare, die wir zu diesem Thema erhalten haben, möchten wir ebenfalls an dieser Stelle hinterlegen.

Darauf folgende Leserbriefdiskussion in der Heilbronner Stimme:

Peter Lucke: Erklärung bei der Mitgliederversammlung des Freundeskreises ehemalige Synagoge Affaltrach e.V. am 26.4.2018 zum Leserbrief Deininger

In einem Leserbrief der Heilbronner Stimme im November 2017 unterstellte mir Herr Deininger, ich gehörte zu denen, die „immer noch Vorbehalte gegen Juden“ hätten. Ich meinerseits hatte zuvor in einem Leserbrief Kritik geübt an dem aufklärungsfeindlichen, einseitigen und historisch unhaltbaren Referat von Herrn Dr. Volkmann in der Affaltracher Synagoge über Luthers Antisemitismus. Herr Deininger wollte mich in einem Leserbrief korrigieren, indem er das Verhalten der Muslime in Andalusien – gewissermaßen als leuchtendes Gegenbeispiel zu Luther - „vergleichsweise friedlich“ nannte.

Das glaubte ich bis vor einigen Jahren auch, als ich wie die meisten gutwilligen Menschen einfach das herrschende positive Vorurteil unkritisch übernahm. Als ich mich allerdings mit den Judenmorden in Deutschland am Anfang des ersten Kreuzzugs im Jahre 1095 beschäftigte, fragte ich mich, warum die Juden nicht ins Gelobte Land der Toleranz, ins islamische Andalusien geflohen waren – und es auch später nicht taten. Da stellte sich heraus, dass genau diese Juden 29 Jahre zuvor als letzte Überlebende eines Pogroms im islamischen Granada an den Rhein geflohen waren. Diesem ersten Massaker an Juden in Europa fielen von muslimischen Mördern etwa 4000 Menschen zum Opfer. So erlitten diese heimatlosen Juden ein Pogrom nach dem anderen, sowohl im islamischen Morgenland wie christlichen Abendland. Nachzulesen schon im 19. Jahrhundert bei dem jüdischen Historiker Heinrich Graetz. Alles war noch viel, viel schlimmer, als Herr Dr. Volkmann und Herr Deininger es sehen wollen. Jedenfalls lässt sich nicht unterscheiden zwischen toleranten Muslimen und mordgierigen Christen. Es gab weder im christlichen Abend- noch im islamischen Morgenland bis zur Renaissance irgendjemanden, der Juden als gleichberechtige Bürger mit allgemeinen Menschenrechten ansah. Selbst der große Humanist Erasmus nicht, der den französischen König für die Vertreibung der Juden aus Frankreich in höchsten Tönen lobte. Selbst der von Dr. Volkmann mehrfach positiv angeführte Nürnberger Reformator und Hebraist Osiander, der in einer „Sternstunde der Reformation“ in einem Gutachten die Vorwürfe gegen die Juden scharf kritisierte, war „nicht frei von judenfeindlichen Ausfällen“, wie der Katalog zur Ausstellung „Martin Luther und das Judentum“ bekennen muss. Als die westeuropäischen Juden sich im ausgehenden christlichen Mittelalter allzu sehr bedroht fühlten, wanderten sie denn auch nicht in die heute als ach so judenfreundlich gerühmten islamischen Länder aus, sondern nach Polen und Litauen - oder später nach Holland.

Ich forschte weiter und beschäftigte mich mit der vielgerühmten Toleranz im islamischen Spanien im 12. Jahrhundert, die nach Kohlhammer nichts anderes war als eine Mischung aus wirtschaftlich rentabler Duldung und menschenverachtender Demütigung. Dabei stellte ich fest, dass der andalusische Philosoph Ibn Ruschd (oder lateinisch Averroes, 1126-1198), aus Glaubensgründen verbannt wurde, und der berühmteste jüdische Philosoph des Mittealters, Maimonides (1135-1204), beklagte sich über diese heute als golden verklärte Zeit: „Ihr wisst, meine Brüder, dass Gott uns um unserer Sünden willen mitten unter dieses Volk zerstreut hat, das Volk des Ismail [Islam], das uns unnachsichtig verfolgt und auf Wege sinnt, uns zu schaden und zu entwürdigen ... Kein Volk hat jemals Israel mehr Leid zugefügt. Keines hat es ihm je gleichgetan, uns zu erniedrigen und zu demütigen.“

Überrascht konnte Maimonides nicht sein, kannte er doch die furchtbare muslimisch-jüdische Geschichte. In Medina hatte Mohammed bei dem jüdischen Stamm der Quraiza, der sich nicht bekehren lassen wollte, allen 600 Männern den Kopf abschlagen lassen und am gleichen Abend eine Frau namens Raihana in sein Bett genommen, die ihren Vater, Mann und Bruder dabei verloren hatte.

Wenn Maimonides‘ schreckliche Erfahrungen und das große Morden an den Juden von 1066 in Granada vom Vorsitzenden des Affaltracher Synagogenvereins als „vergleichsweise friedlich“ bezeichnet wird, dann hoffe ich nicht, dass diese Meinung in der deutschen Öffentlichkeit weitere Kreise zieht oder gar die Meinung der Vereinsmehrheit wiedergibt. Ich jedenfalls schließe mich ihr nicht an und gebe der historisch-kritischen Forschung im Zweifelsfall den Vorzug gegenüber der feigen, gefährlichen Anbiederung an die lautstarken Islammedien, fällt man doch den muslimischen Historikern wie Tarabischi und Bassam Tibi in den Rücken, die ihre eigene Vergangenheit selbstkritisch aufarbeiten, ganz zu schweigen von jüdischen Historikern, denen es mit Recht um nichts anderes als um die ganze Wahrheit geht, nicht nur um die natürlich auch zu konstatierenden Momente des schiedlich-friedlichen Zusammenlebens. Und diese ganze Wahrheit ist alles andere als „vergleichsweise friedlich“.

Literatur:

Judenmord in Medina: https://de.wikipedia.org/wiki/Banu_Quraiza

Siegfried Kohlhammer über Duldung und Demütigung http://www.taz.de/!1088055/

Heinrich Graetz, Volkstümliche Geschichte der Juden, Band 3, Neuauflage 1923

Martin Luther und das Judentum, Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung, Berlin 2016

Bei Bedarf noch weitere Quellen

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